Wie die Zeiten sich ändern oder auch nicht
Im Jahr 2020 lautete mein Tagebucheintrag zurzeit der Wintersonnenwende wie folgt:
«Menschen, denen es möglich ist, fliehen aus London, weil sich dort eine Variante des Virus verbreitet, die anscheinend noch viel ansteckender als die Bisherige sein soll. Die angrenzenden Länder auf dem europäischen Kontinent machen die Grenzen zu Grossbritannien dicht. Die Schweiz stellt ab heute Mitternacht den Flugverkehr dorthin ein. Die zuständigen offiziellen Stellen beeilen sich zu sagen, dass der gerade bewilligte Impfstoff auch gegen diese mutierte Variante wirke. Woher wissen die das?»
In den nachfolgenden Monaten stellte sich heraus, dass weder diese Variante gefährlicher war noch, dass der Impfstoff auch hier gegen wirkte. Bald einmal gab es mehr Geimpfte als Ungeimpfte in den Spitälern.
Zur Wintersonnenwende am 21. Dezember 2021 schrieb ich:
«Der Kanal des unabhängigen Journalisten Boris Reitschuster hatte zum Titel ein Zitat aus der Bundespressekonferenz: Eine Frage noch, Herr Reitschuster!
Meine Frage lautet: Will ich, dass eine Regierung angeblich aus lauter Liebe und Fürsorge zur Bevölkerung bestimmt, wie und wann ich als Bürgerin zu sterben habe? Ich antworte mit einem Zitat aus dem Song der Band «Queen»: To much love can kill you! Zuviel Liebe kann dich töten!»
Heute wissen wir, dass Herr Reitschuster von der Bundespressekonferenz ausgeschlossen wurde und seinen Wohnsitz unfreiwilligerweise ins Ausland verlegt hat. Und wir wissen, dass viele Menschen weltweit an den Folgen der Impfung leiden oder bereits gestorben sind.
Am 24. Dezember 2022 schrieb ich, dass in Leukerbad die Gäste wegen Schneemangel ausbleiben. Obwohl am 18. Dezember die neue Seilbahn auf den Torrent eingeweiht wurde. Die Skifahrenden können nicht bis ins Dorf fahren und haben sich andere Destinationen ausgesucht. Das Restaurant Weidstübli hat demzufolge nur vier Gäste, darunter Georg und mich. Die Chefin lässt laute kitschige amerikanische Weihnachtsmusik spielen, in der Hoffnung, es kämen noch mehr Gäste. – Anstatt weihnachtlicher Duft verbreitet sich in Waschküche und Treppenhaus unseres Hauses der Verwesungsgeruch von 30 kg Rind- und Schweinefleisch, das unser deutscher Nachbar Hans in einem Kellerabteil trocknet. Dies sei eben Walliser Tradition, er mache das seit 20 Jahren und liesse sich von einem Neuankömmling wie mich schon gar nichts sagen. Und jetzt, 2023, also ein Jahr später: Leukerbad ertrinkt in Schnee, zahlreiche Gäste, besonders Familien haben sich eingefunden. Hans trocknet wieder sein Fleisch. Trotz der vielen mündlichen und schriftlichen Reklamationen in den letzten zwei Jahren. Für die nächsten Monate kann ich vergessen, meine Wäsche in der Waschküche zu trocknen. – Die Kriege in der Welt werden noch grausamer und häufiger. Hoffen wir, dass der Höhepunkt erreicht ist. Für 2024 habe ich wieder jeweils am 2. Freitag im Monat eine Klangmeditation für den Frieden geplant.
Meine Tagebücher 2020, 2021 und 2022 wurden in den Sammelbänden „Nie wieder Martini“, „Im Zwielicht“ und „Die japanische Freundin“ vom Literaturpodium in der Edition Dorante, Berlin, herausgegeben und sind im Buchhandel erhältlich.
Foto: Die Sonne mit ihren Stürmen über dem Rhonetal und den Walliser Alpen
und Text: Petra Dobrovolny