Was internationale Zusammenarbeit zu einem friedlichen Zweck bewirken kann, zeigt sich in diesen Tagen in Paris. Am 7. Dezember wurde die Cathédrale Notre-Dame feierlich wiedereröffnet. Am 19. April 2019 war in deren Dachstock aus unbekannten Gründen ein Brand ausgebrochen. Die Bilder gingen um die Welt und berührten die Herzen. Die Feuerwehr konnte durch richtiges Handeln das Schlimmste verhindern: Die zwei vorderen Türme fielen nicht und die vordere Fassade blieb fast unbeschadet. Wie durch ein Wunder verfehlte der herabstürzende Vierungsturm, „la flèche“ genannt, die berühmte Statue der Madonna mit dem Kind aus dem 14. Jahrhundert und die Pietà in der Mitte der Kathedrale. Schnell wurde entschieden: Notre-Dame soll wieder aufgebaut werden. Spenden aus der ganzen Welt trafen ein. Während vier Jahren gaben 2000 Fachkräfte aus allen möglichen Ländern ihr Wissen und ihre ganze Kraft in dieses Projekt, das zu Beginn unmöglich schien. Seine Rede hätte Präsident Macron gemäss Weisung der Kirchenobersten auf dem Platz vor der Kathedrale halten sollen. Das schlechte Wetter verhinderte dies zum Glück, und sie fand im Inneren statt. Er dankte allen, die dazu beigetragen haben, dass diese Kathedrale, die nicht nur Frankreich, sondern der ganzen Welt gehöre, in einer noch grösseren Schönheit, „splendeur“, wiederauferstanden sei. Die Eröffnungsfeier dauerte drei Stunden und wurde weltweit übertragen. Zu Gast waren u.a. Trump mit einer goldgelben Krawatte, Selenskyj in militärgrün, Steinmeier mit Gattin, Georgia Meloni, die zu meinem Erstaunen mit Macron Englisch spricht, Prince William, dessen Hand von Trump herzlich geschüttelt wurde, und Elon Musk. Es ist ein Tag der Freude.
Die meisterhaft vorgetragene klassische Musik vertieft die Stimmung der Freude und Dankbarkeit. Ein Kopfschütteln bewirkt allerdings eine Passage der Improvisation des Organisten während der feierlichen Einweihung der neuen Orgel. Er hämmert einige Minuten lang wild auf die Tasten ein, sodass laute und disharmonische Klänge sich in den heiligen Raum und über das Publikum ergiessen. In einem nächsten Teil improvisiert er mit kirchentraditionellen Klängen und Tonlagen, die nach dem wilden Ausbruch besonders sanft und wohltuend wirken. Trotzdem erhält der Organist in nachträglichen Kommentaren schlechte Noten. Ich kommentiere auf Youtube: Es könnte sein, dass der Musiker den Zustand der Welt spiegeln und an die furchtbaren Kriege erinnern wollte. Mit einer Orgel kann man alle Fassetten ausdrücken. Sein Beitrag hat die sonst fast zu harmonische und somit einseitige Feier zu einer Vollendung gebracht. Für meinen Kommentar erhalte ich sogar Zustimmung.
Foto und Text: Petra Dobrovolny