3. Juli: Die Folgen der Unwetter
Am vergangenen Wochenende haben Unwetter in der Schweiz grosse Schäden angerichtet, besonders im Tessin und im Wallis. Geröll-Lawinen von grossem Ausmass überraschten die Bevölkerung. Es gab auch Todesopfer. Plötzlich anschwellende Bergflüsse brachten Brücken zum Einsturz, ganze Täler wurden abgeschnitten. – Zwischen Visp und Leuk ist die Rhone über die Ufer getreten und hat viel Geröll und Sand auf den Bahngleisen hinterlassen. Die Linie Visp – Leuk ist unterbrochen, wie es Georg am Sonntag bereits vermutet hatte. Darüber wird erst am Montagmorgen ab 9 Uhr von den SBB informiert. Schnell entschliesse ich mich, meine Rückfahrt nach Leukerbad um einen Tag zu verschieben. Ab Dienstag soll gemäss SBB wieder alles normal funktionieren. Doch das Ausmass des Gerölls wurde unterschätzt. Die Arbeiten dauern länger. Im Zug von Bern nach Visp kann die Kondukteurin mir keine Auskunft darüber geben, wie ich nach Leuk komme. Ich solle mich im Bahnhof Visp erkundigen. Zwei junge chinesische Touristen fragen in gebrochenem Englisch nach der Verbindung nach Zermatt und erhalten auch dieselbe Auskunft: Im Bahnhof Visp sollten sie sich informieren. Eine deutsche Touristin schaltet sich ein. Sie selbst fahre auch nach Zermatt, sie sollten ihr folgen, es werde einen Ersatzbus geben. Doch die beiden Chinesen geraten in Panik und bereiten sich vor, bereits in Spiez auszusteigen, obwohl die Kondukteurin ihnen viermal gesagt hatte, sie sollten erst in Visp und nicht in Spiez aussteigen. Doch für chinesische Ohren klingen die Worte „Spiez“ und „Visp“ vielleicht zu ähnlich. Eine Schweizer Mitreisende zückt ihr Handy, ruft ihre Tochter an, bittet sie den Chinesen zu erklären, wie sie nach Zermatt kämen. Dann reicht sie ihr Handy einem erstaunten Chinesen mit den Worten: „My daughter speaks Chinese! Her husband is Chinese.“ Nach zwei Minuten Konversation auf Chinesisch beruhigen sich die zwei Touristen sichtlich, reichen der Mutter bzw. der Schwiegermutter eines Landsmanns ihr Handy wieder mit dem Kommentar: „Your daughter speaks very well Chinese!“
In Visp ertönt die Lautsprecherdurchsage mit Informationen zur Weiterfahrt. Genauere Auskünfte geben die mit Leuchtwesten bekleideten SBB-Angestellten auf dem Bahnsteig. Mir wird empfohlen, den Regionalzug nach Gampel-Steg zu nehmen und dort in den Ersatzbus nach Leuk umzusteigen. Es bleibt nur die Frage, ob ich den Verbindungsbus nach Leukerbad erwische. Alles geht gut, ich treffe sogar eine Leukerbadner Bekannte, die im Spital Visp arbeitet. Sie hilft mir in Gampel-Steg mit meinem Gepäck die Treppen herunter und hinauf zum Bus. Wie geplant treffe ich in Leukerbad ein und erreiche auch noch den lokalen Bus, der mich fast bis zur Haustür bringt.
Georg meint, dass Viola Amherd, Bundesrätin und Chefin des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS für eine bessere Information der Bevölkerung sorgen solle, anstatt selbst ins Wallis und ins Tessin zu reisen, um sich die Schäden anzusehen. Er schreibt eine Mail mit der Anfrage an das VBS mit der Frage, wann die Bevölkerung besser informiert werde. Eine Antwort erhalten wir nach zwei Wochen:
Es sei die Sache des Kantons Wallis die Bevölkerung zu informieren. Auf der App „Unwetteralarm Schweiz“ könnte man schweizweit immer nachschauen, was passiert. Die SBB täte ihr Möglichstes, um ihre Kundschaft über Apps aktuell zu informieren.
Am 3. Juli schreibt die Neue Zürcher Zeitung: Die Schweiz hinkt den EU-Ländern in Bezug auf die Alarmierung der Bevölkerung über drohende Naturkatastrophen hinterher.
Foto und Text: Petra Dobrovolny